@ntrunk: In der Theorie, willkommen in der Praxis. Die ist kompliziert und beginnt schon mit der Einsicht, dass es in Deutschland keine offiziellen Endlagerungsstätten für hochradioaktive Abfälle gibt. Die existierenden Anlagen sind entweder nur für schwach- und mittelradioaktive Abfälle geeignet (Salzgitter), oder Zwischenlager (Gorleben), Versuchsanlagen (Gorleben, Asse), Altanlagen aus der DDR (Morsleben), oder als Folge der Atomproteste aufgegebene Anlagen (Karlsruhe, Wackersdorf).
Die einzige dieser Anlagen, für welche die Konzerne vollständig zahlen, ist das Zwischenlager Gorleben mit daran angeschlossenen Anlagen. Gorleben wird von einer Gesellschaft betrieben, deren Mehrheitseigentümer die großen deutschen Stromkonzerne sind. Die Abfallverursacher kommen auch für die Kosten der Castor-Transporte auf. Die umfangreichen Sicherungseinsätze werden allerdings wie bei vielen anderen Großeinsätzen auch (e.g. G8, Siko, Großveranstaltungen wie Fußballspiele) von Bund und Ländern getragen, da die Rechtsgrundlage fehlt, um den Verursachern die Kosten der Polizeieinsätze in Rechnung stellen zu können.
Das Versuchsbergwerk Gorleben, also das möglicherweise zukünftige Endlager, Salzgitter sowie der Rückbau von Morsleben werden von der DBE getragen, einem Privatunternehmen, welches zu drei Viertel den Stromkonzernen, und zu einem Viertel dem Bund gehört. Allerdings war diese Gesellschaft mal Staatsunternehmen, und aus dieser Zeit stammt ein Kooperationsvertrag zwischen Bund und der DBE. Dieser Vertrag ist für den Bund unkündbar und enthält einige, für die DBE äußerst vorteilhafte Klauseln, u.a. garantiert der Bund eine bestimmte Gewinnmarge (iirc 1,5%), und verpflichtet sich, alle Auftrage zur Endlagererkundung aussschreibungsfrei direkt an die DBE zu vergeben. Dieser Vertrag wurde mit dem Einstieg der Energiekonzerne nicht verändert. Die Konsequenz daraus ist, dass die Stromkonzerne an der Entsorgung ihres eigenen Mülls
verdienen, denn für die Differenz aus den im Kooperationsvertrag garantierten Gewinnen und den tatsächlichen Verlusten durch die Kosten der Lagerung trägt gemäß Kooperationsvertrag der Bund, und die Konzerne können dann ihren Anteil der Gewinnmarge abschöpfen.
Asse ist im Gegensatz zu Gorleben eine reine Versuchsanlage. Sie wurde bis zum Skandal von der GSF (mittlerweile Helmholtz Zentrum) betrieben, eine Forschungsgesellschaft, welche Bund und Bayern gehört. Mittlerweile untersteht Asse dem BfS. Die Tatsache, dass da Müll über die Anforderungen des Forschungsbetrieb hinaus eingelagert wurde, hat auf die Eigentumsverhältnisse selbstverständlich keinen Einfluss, mithin werden die Kosten von Asse
vollständig von der öffentlichen Hand getragen.
Die Anlage Wackersdorf wurde zwar von einem Konzern gebaut, allerdings nach Protesten aufgegeben, und ist mittlerweile rückgebaut und größtenteils veräußert. Daraus entstehen also keine Kosten. Die Anlage Karlsruhe ist zwar ebenfalls aufgegeben, war aber in Betrieb, und muss folglich rückgebaut werden. Zur Finanzierung der Stilllegung und des Rückbaus gab es einen Fonds mit Einlagen von einer Milliarde, zur Hälfte getragen durch den Bund, zur andere Hälfte getragen von der DWK, dem Betreiber. Die DWK ist eine private Gesellschaft, die den großen Energie- und Chemiekonzerne gehört. Dieser Fonds ist seit sechs Jahren aufgebraucht, die Kosten der Stilllegung trägt nun vollständig der Bund, die DWK beteiligt sich nur noch an den Kosten der Abfallbehandlung.
Diese Aufstellung ist sicherlich unvollständig und fehlerhaft, sollte aber die Gesamtsituation einigermaßen wiedergeben. Belege für die obige Aufstellung lassen mit der Suche nach den entsprechenden Stichworten auf Wikipedia sowie auf den Seiten der Presseorgane, und im Informationssystem des Bundestags finden. Zum Kooperationsvertrag und der DBE gibt es beispielsweise eine
Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen, welche die Situation darstellt.