deutsch vs english vs denglish

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nezzcarth
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Sophus hat geschrieben:Die Meisten können nicht mal richtig deutsch, wollen aber schon mit englisch loslegen. Hä? Und wenn ich dann sehe, dass in einem deutschen Satz englische Wörter als "Hilfsmittel" herangezogen werden, dann muss ich doch weinen. Die deutsche Sprache ist eine wunderbare und sogar eine ausgereifte Sprache. Manchmal habe ich eher den Eindruck, man ist sowohl im Englischen als auch im Deutschem total schlecht, und versucht zu kompensieren, indem man englisch und deutsch zusammenwürfelt. Und raus kommt dabei der Eindruck, als sei man in beiden Sprachen nicht ganz auf der Höhe.
Wenn es "wunderbare und [...] ausgereifte" Sprachen gibt, muss es ja auch solche geben, die das nicht sind. Funktional gesehen sind alle Sprachen gleichwertig. Ich finde die Formulierung daher unglücklich...

Lass die Leute doch einfach reden und schreiben wie sie wollen. Bei Sprache gibt es kein "richtig" oder "falsch". In dem Rahmen, um den es hier geht, sind das fast immer Geschmacksurteile, die keine wissenschaftliche Basis haben. Stattdessen stecken dahinter meiner Einschätzung nach vor allem soziologische Phänomene, da sprachliche Normen hier als Abgrenzungsmechanismen verwendet werden.
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MagBen
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Es gibt Fachbegriffe, die sind im Englischen eindeutig, im Deutschen aber nicht, z.B. wird in der 3D-Grafik eine Oberfläche aus vertices, faces und edges aufgebaut. Wenn Du diese Fachbegriffe übersetzt, dann wirst Du nicht mehr verstanden. Das Konzept Fachbegriffe nicht zu übersetzen gehört übrigens seit vielen hundert Jahren zur deutschen Sprache.

Blöd ist nur, wenn im Deutschen englisch klingende Begriffe benutzt werden, die im Englischen aber etwas völlig anderes bedeuten (z.B. Handy).
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BlackJack

@MagBen: Kanten und Knoten/Ecken und (Seiten)Flächen sind jetzt nicht wirklich uneindeutig sondern durchaus gängige Begriffe in der Geometrie, wo das ja her kommt und auch viel älter als rechnergestützte 3D-Grafik ist. Gerade wenn die Fachbegriffe aus der Mathematik kommen gibt es oft deutsche Alternativen zum englischen Begriff.

Es sind eigentlich eher neuere Begriffe die auch im Englischen „neu erfunden“ beziehungsweise mit einer neuen, zusätzlichen Bedeutung versehen wurden, wofür es dann keine eingängige deutsche Übersetzung gibt. „Cloud“ beispielsweise würde ich jetzt nicht mit „Wolke“ übersetzen weil diese neue Wortbedeutung vorher nicht im deutschen existierte. Andererseits könnte man es so übersetzen um den Gebrauch zu etablieren, und damit mehr Leute über den Begriff selbst nachdenken. Ich habe nämlich festgestellt das nicht wenige die englischen Fachbegriffe benutzen ohne sich über das Wort selber Gedanken zu machen, es also nicht auch mal versuchen zu übersetzen um zu sehen welche Konnotationen da noch so dran hängen. So etwas nicht greifbares, nebulöses, und flüchtiges dem man seine Daten anvertrauen soll, im Falle der „Cloud“. :-)
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Sophus
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@MagBen: Das wir Deutschen auch noch englisch klingende Wörter ausdenken oder gar englische Sätze, die es nicht mal im Englischen gibt, wie Public Viewing oder der Spruch in jedem Imbiss "Coffee to go". Wenn man mit Public Viewing wirklich meint, dass man einen öffentlichen Leichenschau betreiben will. Und wenn man Kaffee zum Mitnehmen meint, dann doch eher "Coffee to take out". Genauso wenn viele glauben, dass Wort Mobbing bedeutet was schlechtest, der hatte noch kein Englisch. Es gibt eine ganze Reihe von Wörtern, die wir Deutschen falsch interpretieren.

Aber machen wir uns es zu einfach, MagBen? Ich meine, immer diese fadenscheinige Ausreden, nicht alles ließe sich ins Deutsche übersetzen, und dann selbstsicher die Arme verschränken? Es gibt zum Beispiel für "Cloud", wie BlackJack ansprach, keine direkte Übersetzung. Aber damit wir wissen, wovon hier überhaupt die Rede ist, müssen wir so oder so übersetzen. Ich nenne das für mich "Internet-Festplatte". Klingt etwas albern, ich weiß. Man darf seine Muttersprache ruhig pflegen und hegen.
BlackJack

@Sophus: Internet-Festplatte triffts aber nur zum Teil weil „in der Cloud“ ja auch gerechnet wird und Dienste angeboten werden.
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Sophus
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@BlackJack: Dann "Internet-Festplatte mit Dienstangebote"?
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MagBen
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Sophus hat geschrieben:Aber machen wir uns es zu einfach, MagBen?
Darum geht es, es möglichst einfach zu machen.
Der Mediziner sagt Femur und nicht Ober-Schenkel-Knochen. Der Musiker hat Begriffe wie Adagio, wenn er das Tempo beschreiben will, pardon ich meinte Geschwindigkeit.
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Sophus
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Für mich sind Begriffe wie "Geschwindigkeit" oder "Oberschenkelknochen" wesentlich einfacher. Oder siehst du das anders? Wieso soll ich mir also zusätzlich irgendwelche Fach-Chinesische-Begriffe aneignen, wenn es auch einfacher geht?
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MagBen
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Sophus hat geschrieben:Wieso soll ich mir also zusätzlich irgendwelche Fach-Chinesische-Begriffe aneignen,
Es gibt (noch) kein Fach-Chinesisch, bis jetzt gibt es nur Fach-Europäisch und Fach-Amerikanisch.
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cofi
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Weil Fachbegriffe die Sprache der Fachleute sind. Das Ziel ist nicht, dass sie es fuer _alle_ einfacher machen, sondern fuer die Zielgruppe.

Worte haben mehrere Bedeutungen, das macht sie unpraezise und erschwert fachliche Diskussionen. Das beste Beispiel ist die Medizin, aber auch Informatiker haben Bedarf an Fachbegriffen.
Wenn du es so willst sind Deutsch und Englisch nur Basissprachen fuer das drumherum und die wesentliche Diskussion findet in der Fachsprache statt. Die Fachsprache ist eben eine domaenen spezifische Sprache, eine Domain Specific Language (DSL).

Edit: Und wenn du schon davon redest was fuer dich grausam ist: Fuer mich ist eine normative Herangehensweise an die Linguistik grausam. Sprache ist ein Kulturgut. Nein, nicht ein kultiviertes Gut, das man hoch halten und verehren muss, sondern ein Produkt der Kultur. Kultur ist wandelbar und dem Zeitgeist unterworfen, wenn man Sprachpolizei spielen will macht man sich nur laecherlich.
Sirius3
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@MagBen: natürlich gibt es auch Begriffe, die aus dem Chinesischen entlehnt werden.
@Sophus: Bestimmte Begriffe werden in dem Land geprägt, in der die Innovation stattfindet. Bei Banken italienisch, beim Kochen französisch, Computer englisch. Nimmt man alte "deutsche" Begriffe, müssen die erst eingeführt werden und mit ihrer neuen Bedeutung belegt werden. Da es hierzulande kein Bundesministerium für die Definition deutscher Wörter gibt, ist das ein umständlicher und langwieriger Prozess.
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MagBen
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Sirius3 hat geschrieben:natürlich gibt es auch Begriffe, die aus dem Chinesischen entlehnt werden.
Z.B.?
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Sophus
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@cofi: Wie kommst du auf "Sprachpolizei"? Man will, dass sich jemand ordentlich artikulieren kann, und seiner eigenen Sprache auch mächtig ist. Dass es Fachbegriffe gibt, ist mir längst geläufig. Ist ja auch alles richtig. Aber eine Sprache ist nicht dazu da, um sie zu vergewaltigen. Vor allem wenn ich sowas lese wie "Ich gehe skypen" oder "ich muss mal googeln", dann ist es ein Zeichen von Inkompetenz. Es tut mir leid, dass ich nicht zu den neumodischen Menschen gehöre, die meinen, die Sprache zu verunstalten. Ich "code nicht in Python", sondern ich programmiere in Python". Ich relaxe nicht, sondern ich entspanne mich. Ich finde Frauen nicht nice, sondern ich finde sie nett. Und ich finde Python nicht cool, sondern ich finde Python klasse. Und ich frage Frauen nicht nach einer Handy-Nummer, sondern nach einer Mobilnummer. Und whatsappen mag ich schon gar nicht, aber über WhatsApp schreibe ich gerne Nachrichten. Und checken tue ich sowieso nicht, denn ich kapiere nur einiges. Und wenn ich erkältet bin, dann fühle ich mich nicht abgefuckt, sondern einfach nur niedergeschlagen. Und wenn ich zur Bank gehe, hole ich nicht Cash ab, sondern mein Geld.
Üpsilon
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Dann bist du wohl in der Arche Internetz, dem "kühlen" "Anschnur"-"Plauderbrett" für fröhliche Christenmenschen, gut aufgehoben. Die haben dort auch einen "Faden", in dem schon viele unredliche Anglizismen ins Deutsche übersetzt wurden: http://www.arche-internetz.net/viewtopic.php?f=2&t=6544 Halleluja, Preiset den HERRn!
PS: Die angebotene Summe ist beachtlich.
jerch
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Sophus hat geschrieben:Aber eine Sprache ist nicht dazu da, um sie zu vergewaltigen. Vor allem wenn ich sowas lese wie "Ich gehe skypen" oder "ich muss mal googeln", dann ist es ein Zeichen von Inkompetenz.
Nicht Dein Ernst oder? Was soll man denn an Sprache vergewaltigen können, was ist da Gewalt gegen was? Sprache ist eine Übereinkunft von Zeichen/Lauten zu Bedeutung, welche Menschen jeden Tag neu aushandeln. Da ist nichts gesetzt sondern alles im Fluss und Wandel. Selbst das sog. Deppenapostroph ist vor der Willküraktion von Herrn Duden durchaus üblich gewesen.
"skypen" und "googlen" sind in meinen Augen völlig legitime Wortschöpfung unserer Zeit. Auch muss sich das Deutsche nicht an die Entlehnungsprache halten. Schönes Bsp. ist das Verb downloaden. Sprachwissenschaftler sind fasziniert davon, wie kunstvoll bei diesem Wort das Partizip gebildet wird: downgeloadet oder gedownloadet? Da gibt es kein richtig oder falsch - es ist eine Übereinkunft. *kopfschüttel*
Zuletzt geändert von jerch am Samstag 5. September 2015, 18:55, insgesamt 3-mal geändert.
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cofi
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Solange das deine private Meinung ist und bleibt kannst du das halten wie du willst und meinetwegen damit gluecklich werden.
Aber, wenn du deshalb andere Leute als Inkompetent bezeichnest geht es zu weit. Nochmal: Es gibt keine "richtige Sprache" sondern Sprache ist ein Ausdruck der Kultur. Darum kann sie auch nicht "vergewaltigt" werden.

Dann teilst du mit diesen Leuten eben nicht die (Sub-)Kultur, aber so tolerant muss man nunmal sein.
BlackJack

Ich würde zaghaft wiedersprechen wollen. Wenn die Allgemeinheit so eine Übereinkunft entwickelt okay, aber ich habe schon manchmal das Gefühl die Werbebranche tut der Sprache Gewalt an. Und im IT-Bereich ist das bei bestimmten Modewörtern (neudeutsch „Buzzwords“) auch nicht besser. :-)
jerch
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@BlackJack:
Ist Rilke Gewalt an der deutschen Sprache? Er hat eine sehr barocke Ausdrucksform gewählt, allerdings gab es die in der Form nie (auch nicht in der Vorklassik). Unsere extrem auf Produktivität und Neuerungen getrimmte Gesellschaft macht vor Kultur und Sprache nicht halt. Aber ist das Gewalt? Ich sehe das eher als beschleunigte Kulturevolution ohne Garantie auf Erfolg. Gewalt könnte man eher da vermuten, wo Menschen mit der neuen Schnelllebigkeit nicht Schritt halten können. Wenn ich z.B. sehe welchem Leistungsdruck z.T. Viertklässler heutzutage ausgesetzt werden, um den Anschluss nicht zu verlieren...
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Sophus
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Das Wort "Gewalt" oder "Vergewaltigen" sollte eher im übertragenen Sinne verstanden werden. Ich heiße diese Einstellung einfach nicht für gut, wie die Meisten einfach ihre Sprache pflegen. Zum Glück wird sowas in der Wissenschaft nicht geduldet. In einer wissenschaftlichen Abhandlung wird nicht gedonwloaded oder gar geupdatet. Und man schreibt auch nicht "just for fun". Ich habe das Gefühl, dass in akademischen Familien/Kreisen die Sprache gepflegt wird. Ich wäre enttäuscht, wenn mein Hausarzt mit ein mal einfängt: "Ihr Verhalten kommt mehr sehr "strange" vor." Ich will niemanden von euch an den Karren fahren. Ich habe einfach das Gefühl, dass es sich die meisten Menschen dort draußen zu einfach machen. Fragt man denen nach Fällen, Zeitformen und Wort-/Satzarten und Satzglieder, dann schauen die einem an, als hätte ich polnisch rückwärts gesprochen. Also, wenn es "Mode" ist, dass man die Sprache nicht mehr beherrschen soll, sie stattdessen verkümmern lasse soll, dann finde ich es sehr traurig. Tut mir leid, dass ich mich darum bemühe korrekt und kultiviert auszudrücken, anstatt zu sagen "Jo, fuck man ich geh jetzt relaxen". Ach ja, ich muss mal "googlen", ob es das Wort "relaxen" schon gibt. Oder suche ich eher über Google nach dem Wort? Puh, schwere Entscheidung.
BlackJack

@jerch: Ich mache das so ein bisschen an den Intentionen fest. Ich glaube nicht das Rilke die Sprache egal war und auch nicht das er seine Spielart einer möglichst grossen Masse an Menschen, oder zumindest einer Zielgruppe, zur Manipulation der Menschen und aus reinen Profitgründen ”einprügeln” wollte. Das unterstelle ich der Werbebranche die ohne Not echte oder gar erfundene englische Begriffe einführt schon irgendwie. Ich sehe einen Unterschied zwischen „googlen“ und der Frage ob es nun „gedownloaded“ oder „downgeloaded“, wo das wirklich von den ”normalen” Menschen kommt, und Worten die über alle medialen Kanäle von einer Werbeagentur den Menschen aufgedrängt werden. Oder halt auch in kleineren Kreisen in einer bestimmten Fachrichtung wie der Informatik. Und das ist auch oft nicht darauf beschränkt das diese Sachen dann im deutschen unübersetzt übernommen werden, sondern das finde ich auch im Original teilweise schon unschön, weil's eben leere Worthülsen sind. Wie Cloud was sehr schwammig ist, oder dieser unsägliche „… as a service“-Zusatz der im Moment an alles drangeklatscht wird (oder ist das schon vorbei?)…
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