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pillmuncher
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@Leonidas: nein, diesmal nicht. Wieso sollte man jemandem die Erlaubnis geben, Böses zu tun?

Siehe auch, was Doug Crockford dazu zu sagen hat: http://www.youtube.com/watch?v=-C-JoyNuQJs&t=2385
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BlackJack

@pillmuncher: Wer entscheidet was Gut und was Böse ist? Und wie setzt man diese Klausel durch? :-)
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pillmuncher
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@BlackJack: Gegenfrage: Wie oft stehst du vor dem Problem, dass du nicht weißt, was du tun sollst, weil du dir nicht sicher bist, ob es böse ist? Glaubst du, jemand würde sagen: "Ich habe zwar gewusst, dass <generischer Diktator einer Bananenrepublik> meine Software verwendet, um Oppositionelle auszuspionieren, ihren Aufenthaltsort zu finden und ihnen SWAT-Kommandos zu schicken, die sie erschießen, aber ich habe nicht gewusst, dass das böse ist"?

Man könnte auch nach IBM Hitler googlen.
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derdon
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Du kennst den sog. Hackerparagraphen (202c StGB) und die daraus resultierenden Diskussionen? Schau dir mal die Podiumsdiskussion vom 25c3 dazu an: https://www.youtube.com/watch?v=_-_vao79j0Y. Die Vorstellung, eine Software könne generell als gut oder böse eingestuft werden, ist absurd. Und wie willst du nachweisen, ob der Autor einer Software gute oder böse Absichten hatte? Konkretes Beispiel: der packet-analyzer Wireshark. Ist der jetzt gut oder böse?
BlackJack

@pillmuncher: Vor dem Problem stehe ich nie, weil alles was ich mache natürlich nur Gut ist. Das ist auch genau das was der Programmierer von sich behaupten wird, der etwas macht was ich als Böse bezeichnen würde.

Und das konkrete Szenario was Du da beschreibst, ist vorgehen gegen böse Terroristen, was natürlich Gut ist. Während die Terroristen, die Du als Oppositionelle verharmlost, vielleicht auch Software mit der Lizenz benutzten um den Aufstand zu koordinieren. Was sehr Böse ist. Oder vielleicht auch Gut. Wer entscheidet das? Nach welchen Kriterien?
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pillmuncher
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@derdon: Es geht nicht darum, ob die Software gut oder böse ist, sondern darum, ob ich sie für böse Zwecke einsetzen darf. Doug Crockford sagt nein.

@BlackJack: Das ist doch genau Crockfords Punkt: Wenn du meine Software hernehmen willst, musst du Stellung beziehen.

Desweiteren bin ich auch der Ansicht, dass moralische Dilemmata überbewertet werden. Die gibt es nur höchstselten. Und das sage ich als Relativist. Klar ist jede Wahrheit relativ, auch jede moralische Wahrheit. Das heißt aber nicht, dass alles gleich wahr oder gleich gut ist. Relativismus heißt zunächst nichts weiter, als dass jede Wahrheit nur relativ zu anderen Wahrheiten gilt. Alle Wahrheiten zusammen genommen müssen ein konsistentes System bilden. Nelson Goodman nennt so ein System eine Welt. Nun kann es zwar unterschiedliche konsistente Systeme geben, die zueinander nicht kompatibel sein müssen, aber kein inkonsistentes System kann als Welt gelten. Wenn jemand ein konsistentes System schaffen kann, in dem es wahr ist, dass es gut ist, wenn Leute von SWAT-Kommandos in ihren Schlafzimmern erschossen werden, von mir aus. Nur bezweifle ich stark, dass man sowas konsistent mit der moralischen Wahrheit verbinden kann, dass es böse wäre, wenn ich meine Oma in ihrem Schlafzimmer erschießen würde.

Was Wahrheit in formalen Sprachen ist, hat uns Alfred Tarski erklärt. Donald Davidson hat es von da auf die natürliche Sprache übertragen. Eine Theorie der Sprache benötigt eine Theorie der Bedeutung. Diese benötigen wir, damit wir verstehen, was in einer Sprache gesagt wird. Eine solche Bedeutungstheorie ist nach Davidson nun genau eine Theorie der Wahrheit. Der Satz "Schnee ist weiß" sollte genau dann wahr sein, wenn Schnee weiß ist, und nicht etwa, wenn Gras grün ist. Dann bedeutet der Satz "Schnee ist weiß", dass Schnee weiß ist, und nicht, dass Gras grün ist. Der Satz "ich soll meine Oma nicht erschießen" sollte genau dann wahr sein, wenn ich meine Oma nicht erschießen soll, und nicht etwa, wenn ich mir täglich die Zähne putzen soll. "Ich soll meine Oma nicht erschießen" bedeutet dann, dass ich meine Oma nicht erschießen soll, und nicht, dass ich mir täglich die Zähne putzen soll. Wenn Davidson recht hat damit, dass eine Theorie der Wahrheit gleichzeitig eine Bedeutungstheorie ist, dann muss es moralische Wahrheiten geben, da andernfalls eine moralische Aussagen keine Bedeutung hätten. Andersherum: weil moralische Aussagen Bedeutung haben, muss es auch moralische Wahrheiten geben. Und nach dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten kann in derselben Welt von zwei widersprechenden moralischen Aussagen am Ende nur eine wahr sein.

Die epistemische Fage, woran ich die Wahrheit einer moralischen Aussage erkennen kann, ist damit natürlich noch nicht beantwortet. Üblicherweise findet man im konkreten Fall meist schnell eine Antwort, wenn man die Goldene Regel beachtet.


***
Anm.: "Ich soll meine Oma nicht erschießen ist genau genommen keine moralische, sondern eine deskriptive Aussage. Sie schreibt vor, was ich tun bzw. nicht tun soll. Deskriptive Aussagen müssen aber begründet werden. Warum sollte man sich ohne Grund etwas vorschreiben lassen? In diesem Fall ist die Begründung moralischer Natur: "weil das böse wäre", im Gegensatz zu anderen logisch möglichen Begründungen, wie zB. "weil es schon fast Mitternacht ist" oder "weil 2 + 2 == 4".
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cofi
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Ich sehe wohin du willst, aber das passt nicht zur Welt der Lizenzen.
Der Lizenzgeber erteilt Lizenzen unter der Bedingung, dass man die Software nicht zum Boesen einsetzen darf. Das Problem ist: Es bleibt offen was "Boese" ist.
Die Deutungshoheit hat dabei der Lizenzgeber und er muss sich eben nicht an ein moralisches System halten.
Effektiv ist das ein Blankoscheck mit dem der Lizenzgeber kontrollieren kann, wozu die Software eingesetzt werden darf.

Weil das den Lizenznehmer, d.h. denjenigen der die Lizenz nicht ausgearbeitet hat, benachteiligt bezweifel ich, dass die Klausel bestand vor einem deutschen Gericht haette. Aber IANAL.
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pillmuncher
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pillmuncher hat geschrieben:"Ich soll meine Oma nicht erschießen ist genau genommen keine moralische, sondern eine deskriptive Aussage.
Äh... vertippt. Das muss natürlich heißen: eine präskriptive Aussage. Noch besser wäre vielleicht: eine normative Aussage.
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